Technik und Industrie:
Präzisions­mess­instrumente im Einsatz.

Wie packt man es, bei einem Tunnelprojekt nicht aneinander vorbei zu bohren? Oder: Warum steht das eigene Regal immer schief, ein 300 Meter hohes Bauwerk aber kerzengerade? Weil überall Geodäten im Spiel waren.

Womit arbeiten Geodäten?

Geodäten benötigen bei Ihrer Arbeit so genannte Präzisionsmessinstrumente. Dabei geht es mitunter um den Millimeter, z.B. bei der Planung oder Überwachung von Bauprojekten.

Mithilfe von Mobile Mapping Systemen können sogar „digitale Zwillinge“ erzeugt werden, d.h. digitale Abbilder von Infrastruktur und Gebäuden. Um welche Messinstrumente handelt es sich dabei?

Totalstation

Die Totalstation ist ein viel eingesetztes Messinstrument in der Geodäsie. Es bestimmt gleichzeitig die Strecke und den Winkel zu einem Punkt. Aus diesen Informationen kann dann automatisch eine Koordinate und vieles mehr bestimmt werden:

© Leica Geosystems GmbH; weitere Informationen: www.leica-geosystems.com

Nivellier

Das Nivellier ist ein horizontales Fernrohr mit dem die sogenannte Nivellierlatte anvisiert wird. Es kommt zum Einsatz bei der Ermittlung von Höhenunterschieden.

Laserscanner

Prinzipiell ist ein Laserscanner ein Lineal – aber was für eines. Seine Laserstrahlen tasten Oberflächen zeilenartig oder rasterartig ab, liefern so über das zurückreflektierte Licht eine Laufzeitmessung und können so die Entfernung und den Winkel zu einem Objekt messen. Und das erledigt der Laserscanner rasend schnell, denn in jeder Sekunde kann er die Koordinaten von Hunderttausenden Punkten bestimmen und dabei eine Genauigkeit von bis zu 0,1 Millimetern erreichen. Das Ergebnis ist eine riesige digitale Punktewolke, die anschließend als hoch aufgelöstes 3D-Modell weiterverarbeitet werden kann.

Drohnen / UAV (=Unmanned Aerial Vehicle)

Drohnen sind nicht nur Spielzeug, sondern werden mehr und mehr kommerziell eingesetzt – auch in der Vermessung. Bestückt mit kleinen Hightech-Sensoren, sind die UAVs kleine Messwunder – selbst schwerzugänglichen Gelände können dadurch vermessen werden.

Globale Navigationssysteme

Du hast bestimmt schon einmal von GPS gehört. Wenn du dich mit deinem Handy navigieren lässt, kommt dies ins Spiel. Globale Navigationssysteme – wie GPS, GLONASS und Galileo – werden aber auch in der Vermessung verwendet, um auf den millimetergenau den Bestand aufzunehmen.

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Wo kommen diese Messgeräte zum Einsatz?

Neben den klassischen Aufgaben sind auch immer sehr spannende Projekte dabei. Langweilig wird es einem Geodäten nie!

Tunnelbau – Mit höchster Präzision ab durch die Mitte

Auf dem Weg von A nach B kann dir so einiges im Weg stehen. Ein ganzes Bergmassiv zum Beispiel. Oder ein Meer. Oder eine dicht besiedelte Großstadt. Wenn außen herum keine Option darstellt, dann geht es vielleicht unten drunter, mit Tunneln in all ihren Varianten als Bergtunnel, Meerestunnel oder Stadttunnel. Sie gehören zu den imposantesten Bauwerken überhaupt. Geodäten sorgen dafür, dass die Tunnelröhren genau da gebohrt und gesprengt werden, wo sie hingehören.

Dass das kein triviales Unterfangen ist, zeigt das Beispiel des Gotthard-Basistunnels, der 2016 eröffnet wurde. Mit 57 Kilometern Länge ist er der längste Eisenbahntunnel der Welt und führt mitten durch das Gotthardmassiv in den Schweizer Alpen. Bis zu 2300 Meter Gebirge türmen sich über den beiden Tunnelröhren auf.

Dabei wurde der Tunnel nicht nur von beiden Seiten gegraben, es fand auch ein sogenannter Angriff von oben statt, um die Bauarbeiten zu beschleunigen. Nur: Wie stellt man sicher, dass sich die Tunnelröhren da in der Mitte treffen, wo sie sich auch treffen sollen? So weit unter der Erde funktioniert schließlich keine Satellitennavigation, die die Richtung angeben könnte.

Dafür stehen dir aber die modernsten Vermessungstechniken sowie leistungsfähige Geoinformationssysteme zur Verfügung. Damit kannst du zunächst oberirdisch Koordinatenfixpunkte schaffen, die du anschließend nutzen kannst, um auch unterirdisch dreidimensionale Koordinaten zu bestimmen. So kannst du die Tunnelbohrmaschinen genau ausrichten, und zwar alle paar Meter neu, da die Strecke aufgrund ihrer geologischen und geografischen Besonderheiten nicht ganz gerade verlaufen kann.

Die Genauigkeit der Geodäten hat sich spätestens beim Durchschlag des Gotthard-Basistunnels bezahlt gemacht. Nach dem jahre- und kilometerlangen Graben von beiden Seiten durch den Berg betrug die Abweichung lediglich acht Zentimeter – und heute können Züge mit 250 Kilometern pro Stunde durch ihn fahren.

Forensik – Den Tätern auf der Spur

Zugegeben: Wenn du an Geodäsie und Vermessung denkst, ist die Verbindung zur Verbrecherjagd und Forensik nicht sofort offensichtlich. Allerdings halten moderne 3D-Vermessungs- und Dokumentationsverfahren verstärkt am Tatort Einzug und gewinnen in der Rechtsmedizin und bei der Polizeiarbeit an Bedeutung.

Du kannst Photogrammetrie, die Streifenlichttopometrie und das Laserscanning eben nicht nur für die Vermessung der Erde einsetzen, sondern auch, um Beweismaterial sicherzustellen. Aus den 3D-Datensätzen kannst du so eine digitale Asservatenkammer aufbauen.

In der Rechtsmedizin haben Hightech-Methoden bereits Einzug gehalten, um medizinische Befunde sowohl von Lebenden als auch von Verstorbenen zu dokumentieren und zu analysieren: Man denke nur an DNA-Analysen oder die Toxikologie. In einem weiteren Schritt geht es nun darum, den Einsatz von virtuellen Autopsien zu erforschen.

Die forensische Rekonstruktion für das Körperinnere kann mit MRI- und MSCT-Daten beginnen. Beim Körperäußeren sind dann auch Vermessungsingenieure gefragt. Du kannst nämlich das hochpräzise optische 3D-Oberflächenscanning einsetzen, um die Körperoberfläche mit allen äußeren Befunden zu erfassen und auch mutmaßliche Tatinstrumente digitalisieren. So kannst du beispielsweise herausfinden, ob die potenzielle Tatwaffe tatsächlich die vorliegenden Verletzungen verursacht haben kann, oder von wo aus das Opfer angeschossen wurde.

Aber auch für Verkehrsunfälle kannst du Vermessungsmethoden aus der Geodäsie einsetzen. Photogrammetrie und 3D-Laserscanning eignen sich auch dafür, Unfallstellen und Tatorte digital zu erfassen. Somit kannst du den Unfall- oder Tathergang später am Computer möglichst genau rekonstruieren: Wie genau konnte es dazu kommen, dass sich zwei Autos ineinander verkeilt haben, wo sind sie vorher gefahren, wie schnell waren sie unterwegs? Bei der Kantonspolizei Bern in der Schweiz arbeiten bereits Vermessungsspezialisten mit diesen Verfahren.

Diese modernen Messmethoden verbessern nicht nur die Möglichkeiten für Forensiker, Unfälle und Tathergänge besser zu analysieren. Sie eignen sich auch für ganz neue Aufgaben wie die Gesichtserkennung oder die Blutspurenanalyse. Und für dich als Geoinformatiker oder Vermessungsingenieur bietet die Forensik ein spannendes, unkonventionelles Aufgabenfeld.

Mit hochgenauen Vermessungsmethoden kannst du einen Tatort zunächst erfassen und ihn anschließend virtuell rekonstruieren.

Du findest Geodäsie spannend? Hier findest du Unis und Studiengänge!